EL GOUNA / HURGHADA - Den Fachleuten der Billardszene müssen, angesichts des großartigen Auftritts von Martin Horn, die Worte fehlen. Der Deutsche gewann heute seine 10. und 11. Partie in Hurghada. Im Viertelfinale nahm er erfolgreich Revanche für die Niederlage in seinem 8. Match, welches er am Donnerstag gegen Haeng-Jik Kim verlor. Bekanntermaßen blieb diese Niederlage ohne Folgen. Martin Horn qualifizierte sich als bester Gruppenzweiter für die Endrunde und schlug dort gestern in der ersten Runde den Griechen Nikos Polychronopoulos. 

Heute folgten Siege gegen den Guri und New York Gewinner Jeremy Bury und gegen Vizeweltmeister und Asienmeister Haeng-Jik Kim.

„Ich bin ehrlicherweise selbst etwas überrascht, wie weit es für mich schon gegangen ist.“, sagte Martin Horn in seinem Statement. „Meine Stärke ist ganz klar meine sehr gute mentale Verfassung. Vor einiger Zeit hatte ich ein längeres Gespräch mit Norbert Röstel, einem Berliner Mannschaftskameraden und sehr guten Freund. Er hat mir in vielen Dingen die Augen geöffnet. Spätestens seit diesem Zeitpunkt bin ich in meinem Spiel noch effektiver.“

Wenn man Martin Horn reden hört, dann denkt man, ein Schüler würde sprechen. Einer, der noch viel zu lernen hat. Die Wahrheit ist, dass Horn permanent an Kleinigkeiten feilt und sein Spiel so perfekt wie möglich machen will. Dazu gehört auch: „Das ich in letzter Zeit geduldiger bin. Ich setze mich nicht unter Druck, egal wie der Gegner spielt.“

Das konnte man während der Dauervorstellung in Hurghada schon einige Male bewundern. 

Und auch heute gegen Jeremy Bury war genau diese Einstellung der Schlüssel zum Erfolg. „Ich habe zu mir selbst gesagt. Komm Bury, gib mir eine Chance, dann bin ich da!“

Und diese Gelegenheit kam. Es dauerte bis zur 19. Aufnahme. Bis dahin spielte er mit, konnte seinen Gegner aber nicht unter Druck setzen. Dann folgte eine 12er Serie und die wahrscheinliche Entscheidung, denn nur zwei Aufnahmen später nochmal eine 8, die tödlich waren.

Umgekehrt lief es gegen Haeng-Jik Kim. Jetzt war Horn plötzlich der Blitzstarter. Er begann mit 8 Punkten vom Anfangsball. In Durchgang 5 folgten wieder 12. Dann die Pause beim Stand von 22:2. Eine beruhigende Pause! Horn spielte anschließend im wahrsten Sinne auf Sieg. Er überließ nichts dem Zufall und es dürfte ihm nichts ausmachen, dass es 18 Aufnahmen bis zum Sieg brauchte. „Sicher hätten es drei oder vier Aufnahmen weniger sein können, aber das spielt keine Rolle.“, so der Deutsche in der Analyse. 

Martin Horn jubelt nach seinem Sieg über Vizeweltmeister Haeng Jik KIm

Und das ist sein nächster Gegner: Der bereits feststehende Gesamtweltcupsieger Dick Jaspers

Sein Gegner im Halbfinale ist Dick Jaspers. Der Niederländer gewann im Achtelfinale nicht nur das Match, sondern obendrein auch den Gesamtweltcup, was ihm sehr gut tun wird. In 19 Aufnahmen schlug er Ahmet Alp mit 40:27 und überholte in der Wertung damit Frederic Caudron. Gleichzeitig ist er damit auch Gegner von Weltmeister Daniel Sanchez beim kommenden Supercup in Antwerpen. Quasi als kleine Einstimmung darauf dürften beide heute schon im Viertelfinale ran. Mit dem Gesamtsieg im Rücken gewann Jaspers gegen den Weltmeister mit 40:27 in 15 Aufnahmen.   Beide waren lange Zeit gleichauf, bis der Niederländer den Sieg mit einer fulminanten Schlußphase erzwang. Jaspers gegen Horn ist morgen das zweite Halbfinale. Wahrscheinlich ist bei beiden der Druck nicht sonderlich hoch. Jaspers hat seinen Gesamtsieg. Und Horn? Tja, der braucht in dieser Woche niemandem mehr etwas zu beweisen. „Ich weis, dass Dick 7, 8 oder 10 Aufnahmen spielen kann. Aber ich kann auch warten und wenn ich eine Chance bekomme, dann werde ich diese nutzen!“, so die Kampfansage des Deutschen.

Im ersten Halbfinale stehen sich mit Jung Han Heo und Quyet Chien Tran ein Koreaner und ein Vietnamese gegenüber. Heo hat das Trauma des frühen Ausscheidens gestern gegen Forthomme zerstört und spielt nun viel befreiter auf. Gegen Eddy Merckx gelang ihm ein konzentrierter Sieg in 25 Aufnahmen (40:27). In der ersten Viertelfinal-Runde folgte dann ein Sieg gegen einen überraschenden Landsmann Kwang Yeol Park. 40:20 in 19 Aufnahmen der Endstand. Nun steht für den Koreaner also Tran auf dem Speiseplan. Der Vietnamese steht nach Siegen gegen den Koreaner  Hyung Kon Kim (40:28 in 24) und gegen Sameh Sidhom (40:30 in 20) im Halbfinale. Sameh Sidhom gewann im heutigen Achtelfinale noch einmal gegen Dong Koong Kang. Ein ganz starker Sieg in der Verlängerung nach einem Kampf-Duell über 36 Aufnahmen. Die Verlängerung begann Kang mit 3 Punkten, denen Sidhom unter dem Beifall seiner Landsleute mit 4 Punkten antwortete und damit ins Viertelfinale stürmte.

Zwei Asiaten kämpfen morgen gegen zwei Europäer. Es wird also in jedem Fall ein Finale zwischen diesen beiden Kontinenten geben. Kann man sich ein schöneres Jahresende wünschen? Nun, einen Wunsch gibt es noch. Nämlich ein Finale mit deutscher Beteiligung. 

Quyet Chien Tran aus Vietnam steht im Halbfinale gegen.....

Jung Han Heo aus Korea

Egal, wie es morgen ausgeht. Martin Horn spielt morgen im Halbfinale seine 12.Partie in einem einzigen Weltcup. Ohne die Chroniken der Weltcups zu überprüfen, sollte allein dies schon ein Weltrekord sein. Und es werden wieder die Fragen nach weiteren Weltcup-Teilnahmen kommen. Darauf angesprochen sagte Horn: „Ich fühle mich sehr wohl hier, aber ich kann mir nicht vorstellen, ganz in den Weltcup zurückzukehren. Ich genieße auch die Wochenenden ganz ohne Billard und ich will mich auch um meine Eltern kümmern. Es gibt für mich wichtigere Dinge, als den Weltcup.“ Möglicherweise bleibt es also eine Ausnahme. Warten wir den morgigen Tag ab. Vielleicht wird ein Hurghada-Sieger Martin Horn seine Meinung noch ändern. Vielleicht!