LA BAULE - Es ist zweifellos ein Segen für jeden Veranstalter, wenn es ein Sportler aus dem eigenen Lager möglichst weit schafft. Selten hat man Wildcard-Inhaber gesehen, die das in sie gesetzte Vertrauen derart großzügig zurückzahlten, wie im Falle von Jerome Barbeillon. Der französische Meister wurde nach dem Ausscheiden seines berühmteren Landsmannes Jeremy Bury zur einzigen Hoffnung der Gastgeber.

Und Barbeillon enttäuschte nicht. In der gestrigen Auftaktrunde hieß sein Gegner Xuan Ma, jener Vietnamese, der in der ersten Runde Frederic Caudron nach Hause schickte und ihn wohl auch vom Weltranglistenthron kippte. Bereits in der zweiten Aufnahme holte Barbeillon mächtig aus und ging mit einer 15er Serie in die Offensive. Ma ließ sich davon wenig schocken, wartete auf seine Chance und nutzte die, um den Rückstand abzubauen. Am Ende hatte Barbeillon, sehr zur Freude der zahlreich erschienenen Landsleute, nach 27 Aufnahmen das bessere Ende für sich und gewann mit 40:38. Das Aus für den sympathischen Franzosen folgte eine Runde später gegen Murat Naci Coklu. 

Das Viertelfinale war eine Demonstration europäischer Schlagkraft, so muß man es einschätzen. Die vier Sieger und heutigen Halbfinalisten scorten 160 Punkte in 70 Aufnahmen, was 2,28 GD bedeutete. Nimmt man die Leistung des unterlegenen Dick Jaspers noch dazu, so kommt man auf 2,33 GD. Nicht so schlecht. Der Reihe nach! Coklu ist nach einigen Monaten, wo nicht viel ging, wieder in der Lage einen Weltcup zu gewinnen. Gelungen war ihm dies im letzten Jahr im eigenen Land. Den Grundstein legte er mit einem 17 Aufnahmen Sieg über Jerome Barbeillon. Mit 30 Punkten war die Gegenwehr von Barbeillon schon bedeutend, aber Coklu hielt den Angriffen ohne Mühe stand.

Murat Naci Coklu gewann gegen Puplikumsliebling Jerome Barbeillon und steht im Halbfinale gegen Zanetti

Barbeillon bedankt sich bei seinem Puplikum; ein unvergessliches Erlebnis für den Franzosen

Der Türke trifft nun auf Marco Zanetti, ein selten gesehenes Duell. Der Italiener kommt immer im letzten Quartal des Jahres so richtig in Fahrt. Nun ist es wieder soweit und er ist tatsächlich in großartiger Form. Gegen Dick Jaspers musste er zwar in die Verlängerung, aber dort war er dann überragend. Zanetti übernahm die Initiative und ging relativ frühzeitig in Führung. Jaspers erholte sich seinerseits genauso schnell und versuchte Zanetti unter Druck zu setzen. Als nachstoßender Spieler war Jaspers in der vielleicht besseren Position. Immerhin hat er dann zwei Siegchancen. Einmal in der normalen Distanz, ohne das sein Gegner noch etwas tun kann und die zweite über die Verlängerung. So kam es dann auch. Zunächst ging Jaspers mit 38:34 in Führung, bevor Zanetti die letzten sechs Punkte des Matches verwandelte. Mit dem Ausgleich hatte der Niederländer keine Probleme. Das Shootout begann dann Zanetti (Vielleicht sollte man erneut auslosen) mit der monumentalen Serie von 8 Punkten. Diese Serie erfolgreich zum Sieg zu kontern, ist fast unmöglich. Vier Punkte gelangen Jaspers noch und dann war La Baule für ihn vorbei. Die Frage nach der Übernahme der Weltranglistenkrone war damit ebenso geklärt. Jaspers würde es nicht sein.

Dies schaffte nun ein anderer und zwar der amtierende Weltmeister. Torbjörn Blomdahl kontrollierte das Match gegen Nikos Polychronopoulos, wohl wissend um die Schlagkraft seines Gegners. In den letzten Tagen wurde viel um den Billardsport, insbesondere aus europäischer Sicht philosophiert. Für den Schweden spricht sein weitsichtiger Kommentar, bei dem jedes Wort genauso sitzt, wie sein unvergleichliches Standing am Billardtisch. Er beendet Partien in 16 Aufnahmen (gegen Quoc Nguyen), wenn es sich ergibt und er gewinnt die Partien in 23 Aufnahmen (gegen Poly), wenn er muß. Mit dem Einzug in das Halbfinale ist er damit die neue Nr. 1 der Welt und erneut einer der Favoriten auf den Welttitel, der in wenigen Wochen in Bordeaux vergeben wird. 

Sein Gegner in der heutigen Vorschlußrunde von La Baule ist Daniel Sanchez. Sanchez gewann gegen Tayfun Tasdemir mit 40:19 in 14 Aufnahmen und einer Serie von 16 Punkten. Die beiden gingen beim Stand von 20:19 in der 11. Aufnahme in die Pause. In den 5 Minuten Unterbrechung kann tatsächlich keiner ahnen, was nach Wiederanpfiff passieren wird. Für den einen (Sanchez) sollen dann 20 Punkte in 3 Aufnahmen folgen, für den Anderen (Tasdemir) drei Fehlaufnahmen. Der Spanier kam wie ein Torero aus der Pause und zelebrierte seine 16er Serie, nach der der Widerstand des Türken gebrochen war. Es folgte nochmals 3 Punkte und in der 14. Aufnahme der Matchball. Den wohl bedeutungslosen Nachstoß verpasste Tasdemir etwas demotiviert.

Torbjörn Blomdahl übernahm mit dem Sieg gegen Polychronopoulos auch die Führung im Weltranking

Die 16er Serie nach der Pause war der Sieg für Sanchez gegen Tayfun Tasdemir

Vier Spieler sind mit, Coklu, Zanetti, Blomdahl und Sanchez noch im Rennen um den Sieg in La Baule. Es ist in der Tat wenig aussagekräftig, wer den besten Eindruck hinterließ. Für die heutigen Ergebnisse zählt keine gestrige Form. Für Blomdahl spricht vielleicht eine gewisse Gelassenheit. Bei Zanetti ist es die Unberechenbarkeit und bei Sanchez und Coklu genügt ein kurzer Lauf und sie können das Match an sich reißen. 

Halbfinale:

12:00 Uhr Murat Naci Coklu - Marco Zanetti

14:00 Uhr Daniel Sanchez - Torbörn Blomdahl

17:00 Uhr Finale