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Billard Karambol - Dreiband - Interview - Lier (BEL)

Raymond Ceulemans: Die Legende wird Achtzig!

Gepostet von am 8. Juli 2017

Raymond Ceulemans: Die Legende wird Achtzig!

Edmund Mevissen
Raymond Ceulemans, kurz vor dem 80.Geburtstag, gesund, vital und voller Liebe zum Dreiband

LIER - Am kommenden Mittwoch wird der berühmteste und erfolgreichste Billardspieler der Geschichte achtzig Jahre alt. Raymond Ceulemans, geb. am 12.Juli 1937 in Lier, erfreut sich guter Gesundheit und spielt immer noch auf hohem Niveau Billard. Die meiste Zeit des Tages verbringt er gemeinsam mit seiner Frau Angele und ist zugleich ein Meister darin, faszinierende Geschichten über seine reiche Karriere zu erzählen. Am kommenden Montag wird das niederländische Fernsehen bei ihm zu Hause sein. Zwei Tage später feiert Ceulemans dann seinen 80. Geburtstag im gemütlichen Kreis der Familie.

Der beste Billardspieler, den dieser Sport je hervorbrachte, gewann in seiner Karriere 35 Weltmeistertitel (20 allein im Dreiband), 48 Europameistertitel und 61 belgische Titel. Und dies sind alles Titel im Einzel, unberücksichtigt lässt der Meister selbst die Titel, die er mit den Teams erringen konnte. Mister 100 ist sein Spitzname, verliehen in Las Vegas, nachdem er seinen 100. Titel gewinnen konnte. Als einer der ganz wenigen Sportler wurde er vom belgischen König zum Ritter geschlagen. Er selbst erwartet nicht, dass die Anzahl seiner Titel jemals übertroffen wird. „Die heutige Billard-Welt, mit all den professionellen Spielern, hat viel mehr Weltklasse-Spieler als in meinen besten Jahren. Für die Weltmeisterschaften oder Weltcups können viel mehr Spieler als Sieger vorhergesagt werden. Frederic Caudron, Torbjörn Blomdahl, Dick Jaspers, Dani Sanchez, Eddy Merckx, sind so nah beieinander, dass jeder große Turniere gewinnen kann.“

Die Professionalisierung seines Sports hat in den letzten fünf bis zehn Jahren das Niveau ordentlich angehoben. Raymond: „Die Koreaner, eine Invasion von wunderbaren Spielern, hat ein neue Entwicklung hervorgebracht. Sie sind nicht mit fünf oder zehn Spielern gekommen, sondern mit dutzenden junger Spieler, die alle zwei und mehr Durchschnitt spielen können. Und mittlerweile kommen solche Spieler aus der ganzen Welt. Ich habe noch nie im Leben in Vietnam gespielt. Wir dachten immer, dort ist nur Krieg. Und jetzt scheint es ein Land zu sein, in dem große Billardspieler aufwachsen.“

Er kennt die meisten dieser Top-Spieler und hat große Bewunderung für alle. „Ich freue mich immer wieder diese Spieler zu sehen, da habe ich das Gefühl noch dazu zu gehören. Ich bin sehr dankbar dafür, überall mit offenen Armen empfangen zu werden. Das ist ein Zeichen dafür, dass ich noch lebe. Wenn ich die Zeit dafür habe, werde ich in ein paar Wochen wieder nach New York gehen, um dort das Turnier mitzuspielen. Nach all den Jahren, ist es immer noch etwas Besonderes für mich. Ich habe dort immer zusammen mit Sang Lee gespielt, der leider vor 12 Jahren verstorben ist. Aber auch bei den Weltmeisterschaften, die in den letzten beiden Jahren in Bordeaux stattfanden, war ich begeistert von dem Ambiente und dem Spielniveau. Es ist heutzutage keine Seltenheit mehr, dass ein Spieler 40 Punkte in 10 Aufnahmen macht. Das ist toll anzusehen. Mein bestes Match war 40 in 8, dass war allerdings vor 18 Jahren. Nicht so schlecht für die damalige Zeit.“

Jetzt kann er die Topstars mit ganz anderen Augen analysieren. Torbjörn Blomdahl und Eddy Merckx, die Naturtalente mit der erstaunlichen Stoßtechnik und den wunderbaren Lösungen. „Ich habe einmal gesagt: Merckx’ langsamster Stoß ist immer noch härter als der härteste von Caudron.“ Dick Jaspers und Frederic Caudron, sagt er, sind die akademischen Spieler unter der Weltspitze. „Was für ein Vergnügen, Caudron anzuschauen: Für ihn gibt es in keiner Disziplin irgendwelche Geheimnisse.“ Er bewundert Dick Jaspers für seine enorme Konzentration. „Man kann eine Bombe im Raum neben dem Billard fallen lasse. Wenn er spielt, wird er es nicht hören. Ich selbst war auch so ein Spieler. Immer mit einem großen Fokus.“

Die Durchschnitt sind nach der Entwicklung von den Amateuren zum Profisport enorm schnell angestiegen. „Diese Generation von Top-Spielern lebt nur vom Billard. Das bedeutet, dass sie jeden Tag spielen oder trainieren. Die Tische, Bälle, Tücher, Queues; alles ist besser geworden. Andere starke Spieler zu beobachten, die Partien LIVE zu verfolgen, hat das Niveau im Dreiband in kurzer Zeit angehoben. Das Positionsspiel ist viel wichtiger geworden. Harte Stöße, wie die von Blomdahl und Merckx, scheinen unkontrolliert zu sein, aber durch das viele Spielen und trainieren, wissen sie ganz genau, wie die Position der Bälle anschließend sein wird. Das alles war für uns früher eine Utopie.“

„Ich habe zehn Jahre in der Diamanten-Branche gearbeitet und anschließend hatten wir ein Café. Ich spielte Billard und reiste in der ganzen Welt zu den großen Turnieren. Irgendwann 1985 änderte sich das alles, als Werner Bayer sein professionelles Engagement begann. Von da an konnten wir mit Billard Geld verdienen und konnten wie Profi-Sportler leben. Das ist ein großer Unterschied zu der heutigen Generation der Top-Spieler. Einige von ihnen haben noch nie gearbeitet, sie spielen nur Billard.“

Oft wird Raymond Ceulemans nach seinen wertvollsten und schönsten Titeln gefragt. „Ich kann diese Frage nicht beantworten. Alle Titel waren wichtig und wunderbar. Den ersten WM-Titel werde ich nie vergessen, aber im Laufe der Jahre gab es so viele große Siege. Und mein letzter, im Jahr 2001, als niemand mehr an mich glaubte, war etwas Besonderes. Ich wurde in Luxemburg noch einmal Weltmeister, in einem Turnier mit allen Topspielern dieser Generation.“

Sein ehemaliger Freund und Unterstützer, Herman Jacquemijn, gab ihm eine weise Lektion für das Leben. „Raymond, sagte er zu mir, wir sollten jeden Tag genießen. Wir müssen nicht die reichsten Menschen auf dem Friedhof werden.“ Raymond: „Wir werden das auch niemals sein. Wir leben ein gutes Leben. Ich hatte gerade einen leichten Rückschlag in meiner Gesundheit. Sie haben mir einen Herzschrittmacher eingesetzt, weil mein Herzschlag so langsam war, dass er fast aufgehört hat. Jetzt ist alles auf 60 Schläge pro Minute geregelt. Ich fühle mich großartig und bin glücklich auf meinem Weg zum 80. Geburtstag. Ich hätte das nie gedacht. Als ich zwanzig Jahre alt war, konnte man nicht vermuten, dass man mal so alt wird.“

Die Anekdoten seiner so langen Karriere werden nie langweilig. Über den langen Triumphzug durch die großen Städte wie Buenos Aires, Tokio, Las Vegas, Lima, Kairo, La Paz, Antwerpen und andere Weltstädte. Und alle erzählt Ceulemans mit dem typischen Sinn für Humor.

„Wir haben das Finale der Weltmeisterschaft im Fußballstadion von Lima gespielt. Der Japaner Suguimizu der der große Liebling, fast schon ein lokaler Held. Ich war dmamals so viel besser, dass er nie eine Chance hatte. Und weil die Enttäuschung auf den Rängen so groß war, begannen die Anhänger mit kleinen Kissen zu werfen. Der peruanische Sprecher packte daraufhin das Mikrofon und rief: Bitte zeigt etwas Respekt vor diesem großen Champion. Danach setzten sich alle wieder und wir konnten das Match zu Ende spielen.“

"Der Argentinier Carlos Friedenthal war sein Gegner bei einer Weltmeisterschaft. Ich fegte ihn mit 50:7 vom Tisch und weil die Anzeigetafel drei Ziffern hatte, sagte man: Carlos Friedenthal 007. So bekam er seinen Spitznamen James Bond. Oder der Japaner Keizo Kubo. Er konnte die unglaublichsten Stöße mit seinem feinen Stoß machen. Er war ein dünner Kerl, aber messerscharf. Wenn du ihm ein Brot zugeworfen hättest, dann wäre es geschnitten wieder zurück gekommen.“

In Südamerika wurde auf Tischen gespielt, die so schief waren, dass die Bälle völlig unerwartete Richtungen einschlugen. Auch das Spiel mit den Elfenbeinkugeln war völlig andern als mit den heutigen Bällen. „Ich habe einmal eine Weltmeisterschaft in Buenes Aires gespielt. Nach einem Stoß bewegte sich der Ball noch einige Zentimeter, bevor er dann zum stehen kam. Als ich mich hinsetzte, hörte ich einen Zuschauer, der flüsterte: Das ist Gottes Wille, mein Herr.“

Dreiband ist, und es freut ihn besonders, ein echter Weltsport geworden. „Es wird in Korea, Vietnam, Japan, Nordamerika, Südamerika und in Europa gespielt. Jeder kennt Billard. Ich bin damit einverstanden, dass es niemals ein Massensport wie Fußball sein wird. Man kann auch keinen Billardtisch in ein Fußballstadion stellen. Wir werden immer in Hallen und Sportzentren spielen. Aber es ist großartig zu sehen, wie international dieserSport geworden ist. Mit Spielern aus der ganzen Welt.“

Wenn er zurückblickt, was waren die schönsten Jahre? „Das waren die Jahre, als ich für Crystal Kelly spielte. Ein fantastisches Team, dessen Sponsor auch jedes Jahr in Monaco ein großes Turnier organisiert hat. Und… die Jahre mit Werner Bayer bleiben für immer in Erinnerung.“

Raymond Ceulemans spielt immer noch für Teams in Belgien und den Niederlanden. Für die nächste Saison ist er sogar bei Dallinga, dem Team mit Frederic Caudron gemeldet. Mister 100 ist das Familienteam, dass in der höchsten Liga in Belgien spielt. Dort spielt er zusammen mit Peter, Kurt und Bart Ceulemans. Er verpasst selten ein Match. Und Angele, seine wunderbare Frau, ist immer da, um das Team zu unterstützen. „Wir haben eine gute Zeit zusammen“, versichert Raymond. „In den frühen Jahren konnte Angele nicht immer mitkommen. Sie musste sich ums Geschäft und die Kinder kümmern. Aber jetzt ist sie immer da, wenn wir spielen. Ich muß sagen, ich habe eine tolle Frau, aber… das ist auch keine echte Überraschung für mich. Ich habe sie schließlich auch selbst gefunden. Sie ist fast 79 und immer noch sehr stark. Ich glaube, sie könnte in diesem Jahr die Frauen Tour-de-France mitfahren.

Raymond und Angele im Kreise der Familie

Raymond Ceulemans zusammen mit einer weiteren Sportlegende: Fußballstar Jef Jurion

Treffen bei der WM in Bordeaux: Raymond und Angele mit Frankreichs Legende Francis Connesson

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