Billard Karambol - Dreiband - Weltcup - Veghel (NED)
Dick Jaspers: "Spitzensport geht nicht endlos!"
Paul Brekelmans
Dick Jaspers nach dem Gewinn seines fünften WM-Titels im letzten Jahr in Sharm El Sheikh
SINT WILLEBRORD - Dick Jaspers befindet sich in einem der besten Jahre seiner Karriere. Sein Ehrgeiz und seine Willenskraft scheinen unendlich zu sein. Der 57-jährige Niederländer wurde Ende letzten Jahres zum fünften Mal in seiner Karriere Weltmeister, gewann in diesem Jahr zwei Weltcupturniere und strebt weitere Sieg an. Heute startet der Weltcup im niederländischen Veghel, bei dem Jaspers zu den 32 Spielern im Hauptfeld zählt, welches am kommenden Donnerstag in die Endrunde einsteigt.
Im Interview spricht er über die Zukunft und die verbleibenden Jahre in seiner Karriere: „Ich weiß, dass Spitzensport nicht endlos ist, aber ich möchte noch mindestens fünf Jahre auf diesem hohen Niveau spielen“, sagt Jaspers am Vorabend des dritten Weltcups in Veghel, den er bisher noch nicht gewinnen konnte. „Es gibt einige große Ziele, die ich dieses Jahr noch verfolge, der Weltcup in Veghel, die Weltmeisterschaft und der Weltcup in Sharm El Sheikh Ende des Jahres.“
Spitzensport ist nicht unendlich. Billardprofi Dick Jaspers merkt das nur allzu gut in den drei Jahren, die ihm bis zu seinem 60.Lebensjahr bleiben. Er schaut sich um und sieht andere große Sportler wie Sven Kramer, Arjen Robben, Ireen Wüst, Alejandro Valverde und Chris Froome, die ihre großartigen Karrieren beendet haben. „Ja, natürlich denke ich ab und zu daran. Wie lange kann ich das noch machen. Als Billardspieler brauchen wir nicht die körperliche Kraft wie in anderen Sportarten. Wir können viel länger durchhalten, wie Blomdahl und Zanetti zeigen, die beide 60 sind. Aber ich merke, eines Tages rutschst du von der Spitze ab, weil es irgendwann mental zu hart wird, immer dieser Druck, immer weg sein, reisen. Dein Gehirn arbeitet langsamer. Ehrlich gesagt denke ich: Noch fünf Jahre, das wäre sehr schön, zehn Jahre sind vielleicht noch etwas unberechenbar.“
„Das geheime Gleichgewicht eines Champions“, wie es britische Wissenschaftler bezeichnen, ist eine der großen Qualitäten von Dick Jaspers am und um den Billardtisch. Der Niederländer wird für seine unerschütterliche Konzentration, seines großen Ehrgeiz und sein brillantes Spiel gelobt. Jaspers: „An der Spitze, sagen wir, die besten 10, 15 Spieler der Welt sind sehr nah beieinander und wir können jederzeit gegeneinander gewinnen. Ich kann nie im Voraus sagen, dass ich gewinne, wenn ich ein Match gegen Sanchez, Zanetti, Merckx, Blomdahl oder einen anderen Topspieler bestreiten muß. Meine Stärke ist jedoch, dass ich ein ganzes Jahr konstant bin, eigentlich ist meine ganze Karriere konstant. Jedes Jahr konnte ich einige Erfolge und Titel feiner, viele Höhen und Tiefen gab es nie. Ich bin vielleicht ein bisschen weniger emotional, eher bodenständig. Und es ist mir völlig egal, wo ich spiele, ob in den Niederlanden, in Japan, in Amerika oder wo auch immer. Die drei Kugeln und der Billardtisch sind überall gleich. Ich versuche, mich in die Atmosphäre einer Veranstaltung hineinzuversetzen und kann mich allem anderen leicht verschließen.“
Spitzensportler Dick Jaspers, wiederholt er, lebt intensiv für seinen Sport. Nie rauchen, nie trinken, sich rechtzeitig ausruhen, laufen, ein paar Mal in der Woche schwimmen. „Ich versuche, mich gesund zu ernähren, aber nicht auf eine extreme Art und Weise. Ich bin ein typischer Niederländer aus Brabant, also sündige ich ab und zu. Zum Beispiel esse ich gerne Pommes.“
Jaspers hat inzwischen gelernt, seine Leistungen zu dosieren. Weniger Wettkämpfe, den Fokus auf die großen Turniere, auf die Titel, die er gewinnen will. „Es passt mir zum Beispiel nicht, all die langen Mannschaftswettbewerbe in den Niederlanden zu spielen. Deshalb habe ich beschlossen, das nicht mehr zu tun. Es könnte gut sein, dass ich in dieser Saison nicht in der ersten Liga zum Einsatz komme.“
Diese Entscheidung gibt dem fünffachen Weltmeister Zeit und Gelegenheit, seinem eigenen Zeitplan zu folgen. Wie vor 14 Tagen, wo er eine Woche in Chicago und Kansas City war, um als Trainer tätig zu sein. „Das schaffe ich, weil mein Terminkalender gerade nicht voll ist mit Wettkämpfen.“ Die sechs, sieben Weltcups sind heilig genauso wie die Weltmeisterschaften. Dazwischen dann der Europapokal und ansonsten tut Jaspers, was ihm attraktiv erscheint. Er spielt weiterhin bei den niederländischen Grand Prix, um sich für das Masters zu qualifizieren. Und die deutschen und französischen Wettbewerbe sind attraktiv, weil diese höchstens fünf, sechs Mal im Jahr stattfinden.
Der Höhepunkt ist nun der Weltcup in Veghel und später dann die Weltmeisterschaft in Donghae in Südkorea. Dick Jaspers führt im Gesamtweltcup und setzt nun alles auf Veghel: „Ich habe dieses Jahr zwei Weltcups gewonnen, aber das ist keine Garantie für den bevorstehenden Weltcup in meiner Heimat. Zweimal wurde ich hier bisher im Viertelfinale geschlagen, zuerst von Lütfi Cenet, letztes Jahr von einem sehr starken Dani Sanchez. Ich werde noch einmal alles geben, aber wir sind an der Spitze alle ebenbürtig. Ich habe gesehen, dass Zanetti letzte Woche mit 2,200 Gd die italienische Meisterschaft gewonnen hat, was beeindruckend ist. Es gibt fünf bis zehn weitere Spieler, die über zwei spielen können.“
Mit leicht philosophischem Unterton analysiert Jaspers sich selbst gerne: „Ich bin immer selbstkritisch, will immer mental ausgeglichen bleiben. Vor einigen Wochen ist es mir gegen Eddy Merckx aber passiert, dass ich beim Kozoom Cap einen totalen Ausfall hatte, dass ich keine Kraft mehr gespürt habe. Dann denke ich: Liegt das an meinem Alter? Wie kann ich jetzt noch mental stärker werden, das hält mich auf Trab. Ich mache eigentlich nichts für eine mentale Vorbereitung. Wüsste garnicht wie das geht. Ich trainiere drei, vier Stunden am Tag, dass ist für mich schon mentale Vorbereitung.“
„Ich habe gelernt, meine Energie für die Events aufzusparen, bei denen ich glänzen möchte. Und ja, es stimmt, dass ich überall gewinnen möchte, wo ich an den Start gehe. Bei den Weltcups oder eine Weltmeisterschaft sitzt aber auch ein anderer Jaspers am Tisch, als bei anderen Wettkämpfen. Motivierter, ehrgeiziger, fokussierter. Ich habe noch nie so viele Finals oder Halbfinals gespielt, wie in den letzten zwei, drei Jahren. Das ist auf jeden Fall eine Kombination aus Qualität, mentale Stärke und Erfahrung. Ich bin ein bisschen verwöhnt von den Erfolgen, aber ich werde immer dieser gewöhnlicher Brabanter Junge bleiben.“
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