CALI - Alle vier Jahre finden die World Games, die Spiele der Nicht-Olympischen Sportarten, statt. Mittlerweile ist es mehr als eine Ausweichveranstaltung für nicht beachtete Sportarten. Die World Games haben sich zu einem echten Mega-Ereignis entwickelt und können auf eine immerhin über 30-jährige Historie verweisen.

1980 wurde das World Games Council gegründet. Zunächst waren Sportarten angeschlossen, die darauf warteten ins olympishe Programm aufgenommen zu werden. Verschiedene Kriterien waren und sind dabei zu beachten. Eine der wichtigsten ist die Olympische Anerkennung, die nachgewiesen sein muß und eine hohe weltweite Verbreitung der Sportart.

Das der Billardsport (Karambol, Pool und Snooker) in dieses Schema passt, ist bekannt und sollte alle Beteiligten, Sportler, Fans und Funktionäre stolz machen. Gleichwohl sollte es auch Ansporn sein, noch mehr Anstrengungen zu unternehmen, um speziell den Karambolsport in der Öffentlichkeit noch präsenter zu vermarkten.

Olympische Anerkennung und hohe weltweite Verbreitung sind gewichtige Argumente.

Die diesjährige Ausgabe der World Games findet in der kolumbianischen 2-Millionen Metropole Cali statt. 106 Nationen kämpfen in 31 Sportarten um die Medaillen.

Der Billardsport wird unter der Rubrik Präzisionssportarten gelistet, zusammen mit dem Bogenschießen, Bowling und Boule. Die Eröffnungsveranstaltung ist am 25. Juli, die Schlußfeier am 04. August.

Titelverteidiger im Dreiband ist Dick Jaspers, der das Teilnehmerfeld der 16 Dreibandspieler anführt. Europa ist mit insgesamt 5 Sportlern im Dreiband vertreten. Neben dem Titelverteidiger sind dies der Europameister Marco Zanetti, Roland Forthomme, Glen Hofmann und der deutsche Vizeeuropameister Christian Rudolph.

Christian Rudolph, einziger deutscher Dreibandweltmeister hat eine ganz besondere Verbindung zum Austragungsort Cali, wie er im Interview mit Kozoom erzählte.

KOZOOM - Du bist einer von 5 europäischen Spielern, die sich für die World Games in Cali (CO) qualifiziert haben. Ausschlaggebend war Deine Silbermedaille bei den Europameisterschaften im April in Brandenburg. Wenn Du noch einmal auf dieses für Dich so erfolgreiche Turnier zurückblickst, ab wann wusstest Du, dass in Brandenburg eine Medaille für Dich möglich ist? Wie hoch schätzt Du den Stellenwert dieser Silbermedaille in Deiner Karriere ein?

CR - Der zweite Platz bei der Europameisterschaft hat mir wirklich gut getan. Es ist der größte Erfolg in einem Einzel-Wettbewerb für mich seit langer Zeit.Meine Ergebnisse bei internationalen Einzel-Turnieren in den letzten Jahren waren ja nun wirklich nicht befriedigend. Hinzu kommt, dass ich bis zum Halbfinale sehr stark und auch attraktiv gespielt habe (GD von 2,15 nach 3 Partien). Wichtig war glaube ich, dass meine Erwartungshaltung gleich Null war. Wochenlang plagte mich meine Schulter, wodurch ich fast ohne Training zu Europameisterschaft fuhr. Dies führte dazu, dass ich völlig ohne Druck nach Brandenburg anreiste. 

Vor Ort fühlte ich mich sehr wohl. Ich genoß das Turnier, die Stadt Brandenburg und seine Umgebung. Während der Partien konzentrierte ich mich nur darauf locker und fokussiert zu sein. Dies gelang mir erstaunlich gut und war der Schlüssel zum Erfolg. Der Gedanke eine Medaille gewinnen zu können kam mir Gott sei Dank erst spät in den Sinn. Ich denke es war im Viertelfinale nach der Zwei zu Null Führung gegen Forthomme. Die Chance mich für die World Games zu qualifizieren sah ich allerdings schon früher, denn dazu genügte ein fünfter Platz.

KOZOOM - Es ist Deine zweite Teilnahme an den World Games, nach Duisburg 2005. Dein erster Gegner in diesem Turnier wird Roland Forthomme sein. Der Belgier, aktueller belgischer Meister, war auch in Brandenburg Deine Gegner im Viertelfinale. Wie lief Deine Vorbereitung und wie schätzt Du Deine Chancen auf eine vordere Platzierung ein?

CR - Für die Vorbereitung hatte ich mir einiges vorgenommen, Fitnesstraining, regelmäßige Saunagänge und natürlich intensives Training. Doch daraus wurde nichts. Vor genau drei Wochen passierte es: Bänderriss am Sprunggelenk, zusätzlich das Innenband noch angerissen. Am Montag (15.07.) will ich mit dem Training wieder beginnen. Das sind eigentlich keine guten Voraussetzungen, ähnlich wie bei der Europameisterschaft. Vielleicht ein gutes Omen...?

KOZOOM - Dich verbindet mit dem Ausrichterland Kolumbien eine ganz besondere Geschichte. Kannst Du uns erzählen, wie Deine Promotion-Tour 2001 in Kolumbien lief?

CR - Ja in Cali hatte ich ein ganz besonderes Erlebnis. Ende der Neunziger bis 2001 oder 2002 gab es in Bogota vier Weltcup-Turniere und eine Weltmeisterschaft. Im Anschluss daran fand jeweils eine sehr aufwändige und professionelle Promotion Tour statt. Sponsor war übrigens die bekannteste Biermarke des Landes. Es war ähnlich wie bei einer Band die auf Tour geht. Vier LKWs fuhren vor und bauten jeweils die Arena auf. In zweien war eine professionelle Alu-Tribüne für 400 Leute, im dritten, war das Billard und in dem vierten, ein Strom-Generator und zusätzliches Equipment. Dann kam der "Tourbus" mit den Spielern, Hostessen, den Organisatoren und dem professionellen Ansager. Unter anderem waren wir auch in Cali. Dort hatten wir 3-3500 Zuschauer!!! Ich spielte einen Schaukampf gegen Torbjörn Blomdahl und gewann diesen mit über Zwei Durchschnitt. Bei der 12er Serie die ich in der Partie machte wurde ich gefeiert wie ein Fußballstar. Das war wirklich ein einmaliges Erlebnis. Als dann Sayginer noch seine Magic Show vorführte war die Masse kaum mehr zu bremsen. Am Ende führten Sicherheits-Leute uns aus der Halle. Das war auch nötig, denn Sayginer wurde wie ein Popstar von der Menge gefeiert und bedrängt. Kolumbien ist wirklich verrückt nach 3-Band. Es soll dort 200.000 Billard-Tische geben!!!!!!!! Karambol wohl gemerkt. Um zu verdeutlichen wie populär 3-Band in Kolumbien ist, sei gesagt, dass die Bierdosen zu der Zeit mit einem Foto von Dion Nelin bedruckt waren.

KOZOOM - Ein kurzer Ausblick auf die gerade beginnende Saison. In Deutschland wirst Du ja weiter für Deinen Club, die BA Bottrop, spielen. In welchen Ligen wirst Du noch spielen und sehen wir Dich bei der WM in Antwerpen?

CR - Außer in Deutschland werde ich noch in Belgien in der ersten Liga für den BC Herentals antreten. Dort werde ich an Brett eins alle 22 Spiele machen können, gegen Top Leute wie Caudron, Jaspers, Merckx und auch Horn. Möglich ist dieses, weil die Begegnungen immer montags oder dienstags stattfinden. Geplant ist auch, einige Spiele in Holland in der ersten Division zu bestreiten. Durch das gute Abschneiden bei den Europameisterschaften bin ich Gott sei Dank auch für die Weltmeisterschaft in Antwerpen qualifziert. Das wird mit Sicherheit eine tolle Veranstaltung. Garant für eine gute Organisation ist Ludo Dielis mit seinem Team. Die vielen Billardclubs in der Region Antwerpen werden für guten Besuch sorgen. Wer also Zeit hat und es sich leisten kann, sollte sich dieses Event nicht entgehen lassen. Nächste Saison werde ich übrigens mit meinem neuem tollem und wunderschönem Molinari Queue spielen. Das Queue hat eine wahnsinns Wirkung und unter anderen den Vorteil, dass bei angestelltem Queue der Ball nicht so schnell springt. Ich freue mich wirklich sehr darauf. Leider reichte verletzungsbedingt die Zeit zum Eingewöhnen nicht aus, um schon bei den World Games damit zu spielen.

Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg in Cali und für die gesamte kommende Saison.