Billard Karambol - Karambolage - Europameisterschaft - Brandenburg (GER)
Brandenburg 2017: Jedes Finale ein wahrer Höhepunkt
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Auf Wiedersehen bis 2019; Die Schiedsrichter von Brandenburg, die perfekte Arbeit leisteten
KOZOOM - Brandenburg 2017 war wie schon bei den beiden vorangegangenen Ausgaben erneut ein unvergessliches Erlebnis. Die stärksten Eindrücke bleiben wohl bei 16 Europameistern im Einzel und in den Teams hängen. Aber auch die übrigen fast 500 Teilnehmer werden 10 Tage Brandenburg in guter Erinnerung behalten. Jeder wird sein persönliches Fazit ziehen. Und es wird sicher Spieler geben, die zufrieden nach Hause kehrten, obwohl sie weit entfernt von einer Medaille abschnitten. Für viele Spielarten war die Europameisterschaft der sportliche Höhepunkt des Jahres. Im Dreiband, Artistik und 5-Kegel gibt es auch Weltmeisterschaften und damit ein noch größeres Ereignis. Aber in den klassischen Disziplinen, im Nachwuchs oder in den Wettbewerben auf dem kleinen Tisch ist und bleibt Brandenburg das „Must have“ für jeden Billardspieler.
Vor vier Jahren startete dieses Experiment als wohl weltweit größtes Karambolereignis. Vor zwei Jahren folgte die Wiederholung und das trotz der gleichzeitig in Brandenburg stattfindenden BuGa 2015, die ein vielfaches der Mittel verschlang. Und in diesem Jahr die dritte Ausgabe, die sportlich auf noch höherem Niveau als je zuvor verlief. Der Billardsport hat in jeder Disziplin eine ungeahnte Entwicklung durchgemacht. Das Material ist innerhalb der letzten 10 Jahre besser geworden. Die Turniere werden sehr professionell organisiert. Es ist noch garnicht lange her, da kritisierten die Spieler zurecht die mangelnde Reinheit der Billards und Bälle. Brandenburg zeigte sich bei diesem Thema unangreifbar. Sofort nach Ende einer Partie wurden die Bälle einkassiert und hinter die Bühne verbracht. Dort wartete bereits ein Mitarbeiter, der ausschließlich für deren Pflege zuständig war. Gerade benutzte Bälle wurden gegen frisch gereinigte ausgetauscht und ohne Verzögerung ging es weiter. Zwischenzeitlich wurde der Tisch abgerieben und natürlich jeden morgen gesaugt.
Das und die außerordentliche Bedeutung dieser Veranstaltung sind sicher ein Grund dafür, weshalb es sehenswerte Kämpfe um die Medaillen gab, selbst in den Vorrunden brutalst gefightet wurde und am Ende praktisch jedes Finale das spektakuläre Highlight wurde.
Weltstars aus dem kleinen Billard: Caudron, Forthomme, Merckx, de Bruijn zeigten großen Sport in Brandenburg
Hier die eindrucksvollsten Beispiele:
- Marco Zanetti schlägt im Endspiel Frederic Caudron mit 40:14 in 11 Aufnahmen. Es war nicht nur das beste Match dieses Wettbewerbs, sondern auch eine eindrucksolle Demonstration der Stärke des 55-jährigen Italieners.
- Frederic Caudron wird Einband-Europameister mit über 17 GD. Im Endspiel schlägt er Dauerrivalen Jean-Paul de Bruijn mit 120:65 in 6 Aufnahmen. Im Halbfinale gelingt dem Belgier in der ersten Aufnahme die Turnierhöchstserie von 118 Punkten.
- Eddy Leppens und Raymund Swertz stehen sich im Cadre 47/2 gegenüber. Leppens beginnt und stößt das Match mit 250 Punkten aus. Swertz ist 1,5 Stunden an den Stuhl gefesselt, steht auf und gleicht im Nachstoß mit ebenfalls 250 Punkten aus. Die fällige Verlängerung gewinnt Leppens und wird zum ersten Mal Europameister.
Eddy Leppens gewann im Finale gegen Swertz in der Verlängerung, nachdem beide 250 Punkte in der 1. Aufnahme machten.
- Raul Cuenca ist schon zweifacher Bronzemedaillengewinner, als er zum Finale im Cadre 71/2 antritt. Sein Gegner Dave Christiani beginnt das Match mit 8 Punkten, denen der Spanier sofort die Maximalserie von 200 Punkten entgegensetzt. Erneut geht ein EM-Finale in einer Aufnahme aus.
- Serdar Gümüs verteidigt als einziger Spieler einen EM-Titel aus 2015 und wird erneut Kunststoß-Europameister. Der 61-jährige Türke gewinnt gegen den 65-jährigen Belgier Walter Bax in einem 5-Satz Krimi. Sehenswert auch die Performance des erst 20-jährigen Niederländers Jop de Jong, dem ohne Zweifel eine große Zukunft bevor steht. In Brandenburg schnappte er sich schon einmal Bronze.
- Der Tscheche Radovan Hajek, den vor Brandenburg wohl nur absolute Insider kannten, wird doppelt mit Edelmetall geehrt. Er gewinnt EM-Gold im Dreiband Einzel auf dem kleinen Billard und Bronze mit der Mannschaft. Es ist der größte internationale Erfolg im Dreiband für Tschechien.
- Frederic Caudron wird mit seinem Team De Goeie Queue aus Belgien Club Team Europameister Dreiband auf dem kleinen Billard. Seine Performance ist mehr als beeindruckend. Caudron spielt 4,11 GD bei einer höchsten Serie von 17 und Partien bis 40 in 6, 7 und 11 Aufnahmen. Zwei Bestleistungen gehören allerdings seinem Landsmann Eddy Merckx, der 18 Punkte in Folge (1. Aufnahme) spielt und in der Gruppe 25 in 3 macht.
- Max Gabel aus dem kleinen 305 Einwohner zählenden Örtchen Tarmow in Brandenburg wird zum einzigen Finalisten dieser EM. Er übersteht im 5-Kegel der Junioren die Gruppe ungeschlagen und gewinnt um Halbfinale gegen Landsmann Michel Peters. Sein Siegeszug wird erst im Finale durch den Italiener Andrea Ragonesi gestoppt. Nach 5 spannenden Sätzen gewinnt der Italiener. Gabel spielt ein furioses Finale, in dessen Verlauf er schon im vierten Satz auf gutem Weg zu Gold war.
Zusammen mit der Bronzemedaille, die Gabel im Männerteam für Deutschland gewann, wird er bester deutscher Teilnehmer und Nachfolger von Simon Blondeel oder Thomas Nockemann, die 2015 zwei Medaillen nach Hause brachten.
Max Gabel (rechts) holte Silber im 5-Kegel der Junioren. Bronze ging an den Michel Peters
WER IST MAX GABEL?
Alter, Beruf, Wohnort: "19 Jahre alt, Medientechnologe Druck, Tarmow."
Seit wann Billard, Trainer, Erfolge: "Jetzt seit fast 10 Jahren. Am Anfang Detlef Beau und mittlerweile Gerd Kunz, wenn ich die Chance habe, mit ihm zu trainieren. Zweifacher Deutscher Meister im 5-Kegel. Weitere 3 Meistertitel im Kegelbillard. 3. Platz EM 5-Kegel Junioren 2015 und 2017. 3. Platz EM 2017 mit dem deutschen Team."
Zielstellung Brandenburg: "Die Zielstellung war der Titel bei den Junioren, aber mit der Silbermedaille bin ich auch sehr zufrieden. Es war ein Hammer Finale auf sehr hohem Niveau, in dem ich unglücklich verloren habe. Vom Verlauf her hätte ich nicht erwartet, dass ich in der Gruppe die beiden Italiener schlagen kann. Damit haben die beiden wohl auch selber nicht gerechnet. Es hätte nicht vieles besser laufen können, außer vielleicht Gold und der Finaleinzug mit dem Deutschen Team."
Ausblick: "Ich bin sehr zufrieden mit den beiden Medaillen. Ich habe das abgerufen, was ich derzeit kann. Die Motivation ist jetzt schon auf 2019 gerichtet. Da möchte ich natürlich gern wieder angreifen und mir den Titel bei den Junioren holen."
Im 5-Kegel gewannen deutsche Spieler 3 Medaillen. (1x Silber und 2x Bronze) Das ist, wenn man so will, eine Steigerung um 50% gegenüber 2015, wo man nur 2 Medaillen gewann.
Gleichzeitig wurden im 5-Kegel 3 Wettbewerbe ausgetragen, also holte Deutschland im Schnitt in jedem auch eine Medaille.
An 11 weiteren Wettbewerben waren deutsche Spieler beteiligt und holten daraus 2 Medaillen. Das ist ein katastrophales Ergebnis. Im Dreiband (Einzel und Mannschaft) waren die Medaillen, ja sogar das Viertelfinale, weit entfernt. In den klassischen Disziplinen zeigten Sven Daske und Thomas Nockemann phasenweise wirklich sehr gutes Spiel, aber in den entscheidenden Momenten schafften sie es beide nicht, die Partien zu beenden. Natürlich ist die Luft, wie in jeder leistungsorientierten Sportart, an der Spitze dünn. Man muß sich die Frage stellen, warum wir in Brandenburg ein ums andere Mal brutal ausgekontert wurden.
Besonders bitter ist dies auch deshalb, weil nun mal dieses Großereignis ein Heimspiel war und man trotzdem den Eindruck hatte, deutsche Spieler seien schlecht vorbereitet. Warum wird mit großem Aufwand, sowohl an Geld, als auch an Personal, eine EM im eigenen Land Monate lang geplant und jedes Detail beleuchtet, aber die für Deutschland nominierten Sportler sich selbst überlassen? Hier muß dringend ein Umdenken erfolgen. Fest steht ohne Zweifel, dass die Initiative vom Verband ausgehen muß. Die Vereine im Karambolbereich sind in den Mannschaftswettbewerben engagiert. Die Dreiband-Bundesliga gehört mit den Ligen in Belgien und Holland zu den stärksten der Welt. In den klassischen Disziplinen holte der DBC Bochum dem Europapokal. Für den sensiblen Billardsportler sind die Vereine wie eine wärmende Decke, die bei den Einzelwettbewerben nun mal nicht vorhanden ist. Die DBU sollte hier ganz schnell handeln. Man sollte schnell über eine Initiative „EM 2019“ nachdenken und die verfügbaren Mittel sinnvoller einsetzen. Im Dreiband scheint eine Lösung für das Dilemma auf der Hand zu liegen. Wir brauchen wieder German Grand Prix Turniere. Also sollte die DBU z.B. noch in diesem Sommer eine Ausschreibung veröffentlichen, in der man jedem Ausrichter einen Zuschuß von 1.000 € gibt. Dann könnte womöglich noch im Herbst der erste German Grand Prix nach vielen Jahren stattfinden. Die Spieler würden sich darüber sehr freuen und so auf nationaler Ebene die Grundlage schaffen, um international zu bestehen. Geschieht allerdings nichts, dann verblassen solch schöne Ergebnisse, wie die Bronzemedaille von Tobias Bouerdick im Dreiband der Junioren in Brandenburg oder Bronze durch Simon Blondeel in der Freien Partie.
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