KOZOOM - Vor mehr als 30 Jahren, um genau zu sein im Mai 1985, fand die Weltmeisterschaft im niederländischen Heeswijk statt. Der gerade einmal 22-jährige Schwede Torbjörn Blomdahl wurde Vierter mit einem GD von 0,960. Weltmeister wurde Raymond Ceulemans vor den beiden Japanern Kobayashi und Komori. 12 Teilnehmer hatten sich für das Weltchampionat qualifiziert und nur einer ist auch 30 Jahre später noch im Rennen.

Torbjörn Blomdahl, der mittlerweile 53-jährige Schwede, greift auch in diesem Jahr nach der WM-Krone und zählt nach einem erfolgreichen Jahr zu den großen Favoriten. Diese Position ist für den Dinosaurier im Profizirkus nichts neues. Es vergeht kaum ein Jahr, in dem er nicht zu den ersten Anwärtern auf den WM-Thron zählt. 

Blomdahl hat in seiner Karriere alles, und das meiste davon mehrmals, gewonnen. Er steckt noch mittendrin in seiner aktiven Periode und hat die Freude am Dreiband noch lange nicht verloren. Mit seiner herausragenden Erfahrung beeindruckt er auch seine Profikollegen. Erst kürzlich wurde er auch deshalb zum Spielersprecher gewählt und vertritt die Interessen der Spieler im Weltverband UMB. 

Man mag sich garnicht vorstellen, was der Schwede alles erlebt hat. Er war aktiv, als noch im System Avé bis 60 Punkte gespielt wurde. Später dann bis 50 Punkte. Dann begann die Ära der BWA und dem Satzsystem. Spätestens da schlug seine große Stunde. Es folgte die endgültige Wachablosung von Raymond Ceulemans. Blomdahl dominierte den neu ins Leben gerufenen Weltcup nach Belieben. 

Vor 3 Jahren dann die nächste große Änderung. Nun heißt es: 40 Punkte!! Blomdahl selbst bezeichnet dies als Sprintdistanz. Dies aber vor allem, weil sich der Sport enorm weiterentwickelt hat. Die Konkurrenz ist stärker geworden. Korea und Vietnam befinden sich auf der Überholspur. Die Türkei ist zur stärksten europäischen Billardnation geworden. Und die Etablierten? Sie trotzen der heranstürmenden Herde von Talenten mit Erfahrung, Spielfreude und ungebrochenem Siegeswillen.

Für einen wie Blomdahl, der mehrfach die ganze Welt in seiner Mission Dreiband bereist hat, ist nach wie vor das Reisen, die Freude am Billardsport und sicher auch das Vergnügen am Gewinnen, die große Antriebsfeder.

Kozoom sprach mit dem schwedischen Weltranglistenersten über die kommenden Turniere und vor allem natürlich auch über die kommende Weltmeisterschaft in Bordeaux. Viele Fachleute gehen davon aus, dass die WM eine der spannendsten überhaupt wird, denn es scheint kaum eindeutige Favoriten zu geben. Blomdahl selbst spricht von 20 Spielern, die das Halbfinale erreichen können und ebenso vielen, die am Ende auch gewinnen können.

KOZOOM/Markus Schönhoff - In den kommenden Wochen gibt es ein Turnier nach dem Anderen. Los geht es mit Korea, dann Lausanne, die WM in Bordeaux und schließlich das Weltcup-Finale in Hurghada. Dazu noch die Liga-Spiele. Eine harte Zeit bis zum verdienten Jahresende. 
Wie fühlst Du Dich, nun mit 53 Jahren physisch und mental?

Torbjörn Blomdahl - Ja, das wird ganz schön wichtig hier am Jahresende. Mit ein paar eher entspannten Ausflügen zu den Ligaspielen dazwischen. Das Reisen macht mir noch immer Spaß und ich erlebe auch sehr gerne andere Kulturen. Bei Turnieren fühle ich mich physisch und mental ganz ok. Auch mit 53.

Markus Schönhoff - Lass uns kurz das bisherige Jahr zusammenfassen! Da ist der Europameistertitel, der Sieg in Porto und das Finale in Vietnam. Du bist Weltranglistenerster und hast auch noch Chancen auf den Weltcupsieg. Bist Du zufrieden mit dem bisherigen Verlauf in 2015?

Weltcupsieg in Porto 2015 für Torbjörn Blomdahl

Torbjörn Blomdahl - Mein Jahr ist ganz gut bis jetzt. Ich habe aber auch profitieren können von günstigen Auslosungen und ein paar mal habe ich es trotzdem nicht geschafft. (Guri). Andere (Sanchez, Jaspers, Tasdemir, Cho) spielen besser als ich in dem Jahr. Zufrieden bin ich daher natürlich mit dem ersten Platz in der Rangliste. Das ist ja mein größtes Ziel.

Markus Schönhoff - Eine etwas provokante Frage! Ist der Erfolg im Dreiband planbar?

Torbjörn Blomdahl - Der Momentane Erfolg ist schon planbar. Bei einer guten Stellung kann man manchmal schon wissen dass der nächste Stoß auch leicht sein wird. Aber Match- und Turniererfolg ist nicht Planbar. Dafür sind die Gegner zu stark.

Markus Schönhoff -  Sanchez, Jaspers, Tasdemir und Torbjörn Blomdahl sind wohl die stärksten Spieler in diesem Jahr. Möglicherweise wird von diesen vier Spielern auch der WM-Titel erwartet. Wen muß man noch als Favorit unbedingt nennen.

Torbjörn Blomdahl - Vielleicht vor allem die die im Jahr wenig Erfolg hatten. Ich denke an Caudron, Merckx, Zanetti. Aber es gibt viele die gewinnen können. Favoriten gibt es wohl. Ist aber eine große Gruppe.

Markus Schönhoff - Jedes Jahr gibt es Weltklassespieler, die plötzlich ein Formtief haben und wenig gewinnen. (2015 - Choi, Caudron, Zanetti) Wie kommt das und wie verkraftet ein Spieler diese Phase?

Torbjörn Blomdahl - Sich durch ein Formtief durchzuquälen mach keinen Spaß. Ich habe das auch mitmachen dürfen. Auf 40 Punkte kommt noch dazu dass du gar keine Zeit hast eine Partie noch zu retten. Gegner ist schon aus oder zu weit vorne. Der einzige Weg daraus geht mit Training und Weiterentwicklung des eigenen Spiels. Die richtigen Entscheidungen zu treffen wird immer wichtiger. Ein Stoß kann schnell eine Partie entscheiden.

@Website Torbjörn Blomdahl; 30 Jahre schwedische Weltklasse! 1986, 1994 und 2008

Markus Schönhoff - Ist es das Schicksal eines Billardspielers, dass es jeden, jederzeit treffen kann und einfach nichts (Siege) gelingen will? Oder ist es das System? (40 Pkt.)

Torbjörn Blomdahl - Wie schon erwähnt 40 ist sehr kurz, besonders wenn die Tische einfach sind wie in Korea der Fall war. (Nicht in Istanbul). Dies hat viel mit der Ballpflege zu tun. Das wird in Korea ganz besonders gut gemacht und hält dann auch sehr lange. Die Konstanz des Materials macht es einfacher zu spielen.

Ich denke aber das viele Spieler sehr gut spielen und früh ausscheiden nur weil der Gegner besser war. Das ist schon unser Schicksal. Wenn wir viele Turniere im Jahr haben ist das auch nicht schlimm. Am Ende wird der beste oben stehen.

Markus Schönhoff - Im aktuellen Weltcup, also nach 5 Turnieren, spielen Sanchez und Jaspers über 2 GD. Macht sie das (also der GD) automatisch zu Favoriten für jedes Turnier? Wird der GD in der öffentlichen Wahrnehmung überbewertet?

Torbjörn Blomdahl - GD ist schon wichtig. Das sagt viel aus von einem Spieler und seine Fähigkeiten. Beim KO ist auch Konstanz wichtig. 2,3 GD mit einer Partie auf 1,2 reicht doch meistens nicht zum Turniersieg. Immer wichtiger wird auch Nervenstärke das zum Beispiel Forthomme und Tasdemir in Penalties bewiesen haben. Das lässt sich nicht messen mit dem GD.

Markus Schönhoff - Die wievielte WM ist die nun kommende in Bordeaux für Dich? Gibt es Unterschiede im Bezug auf den Turnierstress, die Konkurrenten und die persönliche Erwartung, im Vergleich zu 1985?

Torbjörn Blomdahl 23. WM für mich jetzt in Bordeaux. 1985 war ich ganz jung und hab ein Riesenspaß am Turnier in Heeswijk-Dinther. Bin dann 4. geworden. Jetzt ist die WM eine kleine Lotterie, nur ein von vielen Turnieren im Jahr. Ich spüre keinen besonderen Druck aber klar - mehr als damals. Lustiger Vergleich mit 1985 übrigens. Ich bin der einzige der noch bei der WM dabei bin von den 12. Erwarten tue ich nichts. Ich gehe einfach hin und probiere gut Billard zu spielen. Ich weis, dass ich das kann.

Markus Schönhoff - Wieviele der Teilnehmer sind in der Lage das Halbfinale zu erreichen und wieviele davon können Weltmeister werden?

Torbjörn Blomdahl - Es sind bestimmt 20 Mann die ins Halbfinale kommen können und fast so viele die gewinnen können. Ich verzichte gerne auf einer Auflistung.

Markus Schönhoff - Das Finale im letzten Jahr war grandios mit einem phänomenal starken Choi als Sieger. Ist er aktuell in der Lage, seinen Titel zu verteidigen? 

Torbjörn Blomdahl - Er befindet sich in einem Tief aber sein Spiel ist sehr trickreich und er ist in der Lage einen Spieler zu dominieren ohne die sehr hohen Schnitte zu spielen. Er ist auch immer sehr stark auf den Big Points. Sicherlich gebe ich anderen Spielern größere Chancen aber man kann nie wissen…

Das Podium der letzten WM 2014 im koreanischen Seoul. Sieger Sung-Won Choi; Zweiter Torbjörn Blomdahl

Vielen Dank für das Interview. Kozoom wünscht Dir für die kommenden Turniere großen Erfolg und für die Billardfans in aller Welt spannende Partien. Wir freuen uns auf Deine Partien, Deine Kreativität am Tisch und Deine Ausstrahlung!